Es fühlt sich gut an, wenn....
Lebensmittel aus der Region sind,
frisch gekochtes und qualitativ hochwertiges Essen zubereitet wird,
Sie in einem kuscheligen Bett in landestypischen und natürlichen Materialen träumen,
Souvenirs an eine schöne Zeit erinnern die in der Umgebung erzeugt wurden,
das Umfeld zu Fuß, mit Pferd, Kanu, Fahrrad, Lama,... erkundet wird,
die Freiheit und Ruhe Begleiter in einer einmaligen Kulisse ist,
man sich Willkommen und wie in einer großen Familie fühlt,
Sie sich weiterentwickeln und das Gelernte zu Hause umsetzen,
zum Erhalt einer intakten Natur und Kulturlandschaft beitragen wird.
Mein Geld belebt die lokale Wirtschaft und gibt den Menschen vor Ort ein faires Einkommen!
Darf ich mich vorstellen
mit deutschen Wurzeln erzählt wie es sich anfühlt zwischen den Kulturen zu leben.
betreibt eine Bio-Kakaofarm und erzählt wie sie den Atlantischen Regenwald auf diese Weise schützt.
gründete ein Bildungszentrum für Kinder und Jugendliche das alle Umwelt-Themen abdeckt. Denn nur was man kennt und liebt, ist man auch bereit zu schützen.
erzählen über die Herausforderung Bio-Produkte und Bio-Erfrischungsgetränke am heimischen Markt zu etablieren.
Zu Maritza (Mexiko) und Victor, Dalida und Konstantin (Kolumbien) bitte runterscrollen, danke!
Die Vielfalt der Menschen entdecken - eine Momentaufnahme mit Ruth
und Alberto
Februar 2021
Ruth (85) und Alberto (82) leben gemeinsam im Erdgeschoss einer Altbauwohnung mit einem kleinen Vorgarten in Buenos Aires.
Ruth hat bis zur Pensionierung als Architektin gearbeitet und Alberto war Schneider.
Gemeinsam haben sie zwei wunderbare Mädchen großgezogen und sind mittlerweile stolze Großeltern von einem Enkel und einer Enkelin.
Beide sind in Buenos Aires geboren und groß geworden. „Die Stadt der guten Luft“ prägte ihr ganzes Leben. Die Jugendjahre verbrachte Ruth gerne in den Museen von Buenos Aires und Alberto liebte es bei Pferderennen zuzuschauen.
Kennengelernt haben sich Ruth und Alberto am 2. Juli 1967. Nach zwei Jahren haben sie an einem wunderschönen Frühlingstag im Oktober im kleinen Kreis geheiratet. Ruth erinnert sich, dass sie eine halbe Stunde zu spät kam. Alberto fing bereits an sich Sorgen zu machen.
Was macht den Reiz Buenos Aires eurer Meinung nach aus?
Ruth: Ich liebe Spaziergänge in den Parks von Palermo, einem Stadtteil von Buenos Aires.
Vor Corona gingen wir abends gerne in eine Tango Peña oder eine Milonga.
Bei einer Tango Peña treffen wir uns in einem Lokal, singen zu zweit Tango Lieder und hören anderen bei ihren Tango Liedern zu.
Milongas sind Tanzlokale, in denen Tango getanzt wird, und sind weit verbreitet in Buenos Aires. Um das Flair einer Milonga kennenzulernen, tauchen Sie hier ein.
Was fasziniert euch am Tango?
Ruth: Ich tanze Tango, seitdem ich 20 Jahre alt bin. Am liebsten höre ich Tango und Bolero.
Tango ist wie eine Seelenverwandte für mich. Seit meiner Kindheit tönt diese wundervolle Musik aus meinem Radio. Ich liebe und bewundere die Texte und möchte gerne ihre tiefere Bedeutung verstehen. Gemeinsam singen wir Tango seit unserer Pensionierung vor über 20 Jahren.
Alberto: Tango ist ein Teil von mir, ein Kumpel. Ich bin sehr vertraut mit den Liedern, die wir gemeinsam singen.
Wie sieht Nachhaltigkeit in Buenos Aires aus?
Wir trennen Papier und geben Müll, der recyclebar ist, in einen separaten Container.
Auf Bio-Produkte in Supermärkten haben wir noch nie geachtet. Umso erstaunter waren wir, als wir erfuhren, dass Bio-Äpfel aus Argentinien in Österreichs Supermärkten angeboten werden.
Nachhaltigkeit im Tourismus? Das hören wir zum ersten Mal, wir haben uns noch nie mit diesem Thema auseinandergesetzt.
Wo habt Ihr als Kind Urlaub gemacht und wo macht ihr jetzt Urlaub?
Ruth: Wir fuhren nach Cordoba, zum Strand von Mar del Plata und nach Tigre. Diese Orte haben sich seit meiner Kindheit sehr verändert und sind stark gewachsen.
Alberto: Die Sommer meiner Kindheit habe ich bei Verwandten in einer Kleinstadt in der Provinz Buenos Aires verbracht. Diese Stadt hat sich seit damals nicht wesentlich verändert.
Uns zieht es noch öfters nach Pinamar, einen Ort an der Küste, oder in ein Spa in Entre Rios, einer Provinz nördlich von Buenos Aires. Wir fahren gerne auf Urlaub.
Welche kulinarischen Besonderheiten gibt es eurer Meinung nach in Argentinien?
Alberto: Empanadas, Puchero und Asado.
Eine Empanada ist eine gefüllte Teigtasche, Puchero ist ein Gemüse- und Fleischeintopf und als Asado verstehen wir eine landestypische Grillmahlzeit.
Am liebsten isst Ruth Nudeln und Alberto “Albondigas con pure” (Fleischbällchen mit Kartoffelpüree).
Wie empfindet Ihr die wirtschaftliche Situation in Argentinien?
Alberto: Schwarz!
Ruth: Katastrophal!
Argentinien befindet sich in der tiefsten mehrjährigen Rezession seit dem Zusammenbruch des Finanzsystems von 2001/02. Die Staatsverschuldung liegt lt. einem WKO Bericht aktuell bei ca. 90 % des BIP.
Die Vielfalt der Menschen entdecken - eine Momentaufnahme mit Anne
Februar 2021
Anne (45) wurde in der ehemaligen DDR geboren. Seit fast 20 Jahre lebt sie mit ihrer Familie und einem Hund in einem typischen Cape style house in einer amerikanischen Kleinstadt nördlich von Boston in Massachusetts.
Seit Beginn dieses Schuljahres arbeitet sie wieder in einem Kindergarten.
Wie unterscheidet sich das Leben in Deutschland von dem in den U.S.A?
Das Leben in der USA unterscheidet sich meiner Meinung nach in einigen wesentlichen Aspekten von dem Leben was ich in Deutschland kenne. Die soziale Absicherung und die oftmals fehlende Krankenversicherung. Glücklicherweise sind wir bis jetzt noch nie betroffen gewesen. Schon oft ist mir zu Ohren gekommen, dass Menschen nicht zum Arzt gehen, weil eine Versicherung fehlt.
Da die Betreuungskosten im Vergleich zu Deutschland für Kindergarten und Krippe hier sehr hoch sind, haben wir entschieden, dass ich bei den Kindern zu Hause bleibe, bis meine Kinder eine Ganztagesschule besuchen. Meine Kinder wachsen zweisprachig auf.
Bei entsprechender finanzieller Absicherung schätze ich an den U.S.A., dass Menschen jederzeit noch einmal „neu beginnen“ können. In Deutschland habe ich es eher so empfunden, dass Jugendliche nach der Schule zur Uni gehen, einen Abschluss erwerben oder eine Lehre machen. Ich fühlte, dass ich als 20-jährige eine Entscheidung fürs Leben treffen muss. Es erschien mir damals unmöglich als 45-jährige etwas Neues anzufangen, mich neu zu erfinden. Genau diesen Schritt wage ich jetzt.
Wie wird Nachhaltigkeit in den U.S.A. gelebt?
Nachhaltigkeit steckt meiner Meinung nach in meiner Region noch in den Kinderschuhen. Verpackte Lebensmittel, werden von „Packern“ extra noch in Plastiktüten eingepackt. Manche Plastiktüte enthält nur einen Gegenstand! Es gibt die Möglichkeit, Stoffbeutel zu kaufen und diese wiederzuverwenden, aber der Großteil bevorzugt die Plastik-Variante. Positiv erwähnen möchte ich, dass es in Massachusetts laut Waste Today Magazine fast 140 Städte gibt, die Plastiktüten ganz verbannt haben, oder wo Menschen für die Tüten bezahlen müssen.
Über Nachhaltigkeit im Tourismus habe ich persönlich noch nichts gehört.
Wie verbringst du deinen Urlaub?
Ich fahre gerne mit meiner Familie in den Urlaub. Vor Covid bin ich in den Sommerferien mit den Kindern jedes Jahr für mehrere Wochen nach Deutschland geflogen. Wir haben die Zeit genutzt, um Familie und Freunde zu besuchen. Mein Mann hat uns in dieser Zeit für zwei Wochen in Deutschland besucht.
Ich freue mich schon auf die Zeit, wenn Reisen wieder möglich sein wird.
Deine Urlaubserinnerungen als Kind?
Als Kind hatten wir nicht viele Möglichkeiten auf Urlaub zu fahren. Im Winter waren wir für 2 Wochen in der damaligen Tschechoslowakei, als ich 11 war einmal in Ungarn. Geschlafen haben wir in Ferienwohnungen. Nach dem Mauerfall hat meine Familie Urlaub in Norwegen, Dänemark, Österreich und in Deutschland selbst gemacht.
Welche Kindheitserinnerungen möchtest du uns mitteilen?
Ich bin in einer ländlichen Gegend mit riesigem Garten aufgewachsen, und wir hatten immer frisches Obst und Gemüse. Die Überschüsse haben wir auf verschiedenste Weise verarbeitet, um im Winter auch mit Obst und Gemüse versorgt zu sein. In den Supermärkten gab es immer nur das zu kaufen, was gerade Saison hatte. Einmal im Jahr konnten wir Bananen kaufen, aber nur eine Banane pro Kopf!
Beim Mauerfall war ich 13 Jahre alt, verändert hat sich für mich persönlich erst einmal nicht viel. Die Reisefreiheit war der erste Schritt, der die Veränderung spürbar gemacht hat.
Besonders erinnern kann ich mich an den ungewöhnlichen und exotischen Geruch westdeutscher Geschäfte. Mit verbundenen Augen hätte ich gespürt, dass ich mich in einem Geschäft in Westdeutschland befinde.
Mit welchen Herausforderungen bist du in den ersten Jahren konfrontiert worden?
Die ersten Jahre in der U.S.A. waren nicht leicht für mich. Ich habe als Nanny gearbeitet, aber hatte keinen Platz, an dem ich mich so richtig zu Hause gefühlt habe.
Als ich den Mut fand, zurück aufs College zu gehen, fing ich an Kraft zu schöpfen. Dort lernte ich meinen zukünftigen Mann kennen und lieben.
Nach all den Jahren fühle ich mich immer noch als Deutsche, vermisse das Land, in dem ich groß geworden bin, und ich gebe es zu, die deutsche Pünktlichkeit fehlt mir auch.
Ich lebe zwischen zwei Ländern und gehöre nicht zu hundert Prozent in das eine, aber auch nicht mehr in das andere Land.
Ich persönlich habe es noch nie in Erwägung gezogen, mich für die amerikanische Staatsbürgerschaft zu bewerben.
Die Vielfalt der Menschen entdecken – eine Momentaufnahme mit Juliana
März 2021
Juliana (43) ist in Rio de Janeiro geboren und aufgewachsen. Seit 2014 verbringt sie den größten Teil des Jahres auf der Fazenda Almada, die rund 40 km von Ilhéus (Bahia) entfernt ist. Sie betreibt auf der Fazenda eine Bio-Kakaofarm und ein kleines Guesthouse. 2012 besuchte Markus Mauthe, ein deutscher Fotograf, Umweltaktivist und Autor, das erste Mal die Fazenda. Er verliebte sich in die Gegend und fand in Juliana die Liebe seines Lebens. Juliana hat zwei Töchter, Maria Helena (17) aus erster Ehe und
Anabelle (4).
Welche Tradition hat der Kakaoanbau in deiner Familie?
Vor einigen Hundert Jahren hat die portugiesische Krone an Adelige und den Mittelstand Ländereien, sogenannte „Sesmarias“, verteilt, um u.a. Zuckerrohr, Kaffee und Kakao anzupflanzen.
Mein Vorfahre Pedro Augusto de Cerqueira Lima aus Portugal übernahm 1855 die Fazenda und kultivierte in den ersten Jahren Zuckerrohr, bevor er auf den lukrativeren Kakaoanbau umstieg.
Namensgeber unserer Fazenda ist der Rio Almada, der nur einen Steinwurf von uns entfernt ist.
Ich betreibe in sechster Generation gemeinsam mit meinem Mann die Fazenda. Unsere Ziele sind, hochwertigen Bio-Kakao zu produzieren, das Wissen rund um die Kakao-Kultur zu erhalten und Gästen aus aller Welt die Schönheit und Artenvielfalt des Atlantischen Regenwaldes näher zu bringen.
Magst du uns einen Einblick in deine Arbeit geben?
Wir ernten die Kakaobohne zwei Mal im Jahr (Anfang Mai bis Ende Juni von Anfang Oktober bis Anfang Dezember).
Unsere Kakao-Felder sind 150 Hektar groß und werden von acht Pächtern in Stand gehalten. Selbst beschäftigen wir zurzeit weitere drei Personen. Wir stellen auf unserem Land die Ressourcen (Wasser, Elektrizität, Unterkunft) zur Verfügung, den Gewinn teilen wir 50/50.
Wir sind überzeugt davon, dass der Anbau von Bio-Kakao für Mensch und Umwelt die bessere Wahl ist. Wir wollen Lebensmittel im Einklang mit der Natur erzeugen und nicht auf ihre Kosten. Durch unseren naturnahen Kakaoanbau (wir nennen den „Kakaowald“ Cabruca) wachsen die Kakaobäume nach den Gesetzen der Natur in der unteren Baumschicht des Regenwaldes gemeinsam mit vielen anderen Pflanzen und Bäumen. Diese Form der Bewirtschaftung nennen wir Agroforstwirtschaft.
Dieses System hat den Vorteil, dass es die gesamte Biodiversität erhält, den Wasserhaushalt stabilisiert und den Boden vor Erosionen schützt.
Von 2016 bis 2018 war unser Kakao Bio-zertifiziert. Als Kleinbetrieb haben wir den Vertrag aufgrund zu hoher Kosten nicht weiterverlängert.
Was fürchtest du am meisten bei der Kakaoernte?
Ausbleibende Regenfälle und schwere Unwetter bedrohen aufgrund des Klimawandels jährlich die Ernte. Aber auch Pilzkrankheiten, Viren und Schädlinge haben mir viele schlaflose Nächte beschert.
Ein Beispiel ist die Hexenbesenkrankheit (Witches´ Broom oder Moniliophthora perniciosa). Der Pilz verursacht besenartige Wucherungen an den Ästen. Befällt der Pilz eine Blüte des Kakaobaums, bringt diese keine gesunde Kakaofrucht mehr hervor.
Was schätzt du an der Kakaobohne und an deinem Lebensraum?
Mit der Bohne assoziiere ich Natur. Ich habe das große Glück, im Mata Atlântica zu wohnen. Einst erstreckte sich der Regenwald über die gesamte Ostküste Brasiliens aus und reichte bis tief in das Landesinnere. Heute gehört dieses komplexe Ökosystem, in ihm wachsen angeblich mehr Pflanzenarten als in Europa und Nordamerika zusammen, zu den am stärksten bedrohten Gebieten weltweit. Über 90 Prozent sind vernichtet oder in Sekundärwälder verwandelt worden. Mit über 10.000 Pflanzenarten, über 600 Vogelarten und 200 Säugetierarten weist er eine höhere Biodiversität auf als sein Kollege, der Amazonas-Regenwald.
Stimmt dich diese Situation traurig?
Ja, sehr, ich bin traurig und wütend zugleich. In meinem Land läuft so einiges schief. Angefangen von der Politik, bis zur Zerstörung unserer Naturreichtümer. Aber tief im Herzen bin ich fest davon überzeugt, dass wir das Ruder wenden können, um eine bessere Welt für unsere Kinder zu hinterlassen.
Ein Hoffnungsträger für mich ist das AMAP Projekt, das mein Mann Markus ins Leben rief. AMAP (Almada Marta Atlântica Project) kauft Farmland an der Kakaoküste Brasiliens. Degradierte Flächen werden mit freiwilligen Helfern aufgeforstet, Verbindungsbrücken zwischen den verbleibenden Bauminseln gepflanzt, um Tierarten wie dem vom Aussterben bedrohten Goldkopflöwenäffchen ein Überleben zu sichern.
Wo hast du als Kind Urlaub gemacht?
Als ich in Rio de Janeiro gewohnt habe, bin ich mit meinen Eltern immer in den Ferien zur Fazenda gefahren.
Was machst du in deiner Freizeit?
Ich schaue Filme, höre gerne Jazz- und Rockmusik. Mir gefallen Bands wie Nouvelle Vague, Thievery Corporation, Kraftwerk.
Mit Anabelle male ich gerne, sie liebt es mir beim Kochen zu helfen, meiner zweiten Leidenschaft. Ich lese und reise gerne und mir gefällt die Entwicklung, dass die jüngere Generation mit dem Internet sehr vertraut ist.
Entdecke die Vielfalt der Menschen – eine Momentaufnahme mit Olena
April 2021
Olena (42) ist in der Ukraine geboren und aufgewachsen. Sie folgte ihrem Freund und jetzigen Mann nach Hannover, wo sie gemeinsam einen vierjährigen Zwischenstopp einlegten, bevor sie 2007 nach Edmonton immigrierten. 2015 machte Vladimir, der gemeinsame Sohn, das Leben der jungen Familie perfekt.
Wegen eines Jobwechsels zog die junge Familie 2019 um und mietet seitdem eine Doppelhaushälfte in Brandon, einer Stadt mit knapp 50.000 Einwohnern, angelegt in einem typisch amerikanischen „Schachbrettsystem“, im Bundesstaat Manitoba.
Wie kann ich mir einen typischen Tagesablauf vorstellen?
Wochentags arbeite ich von 9:00 bis 18:00 in einer Zahnarztpraxis als Zahnarzthelferin.
Täglich verbringe ich sehr viel Zeit in der Küche, um zu kochen. Zum Glück habe ich meinen kleinen Helfer, der mich beim Kochen unterstützt. Am Wochenende verbringen wir gemeinsam viel Zeit draußen in der Natur.
Zu sehen, dass sich mein Mann und mein Sohn in unserer jetzigen Heimat wohlfühlen, füllt mich innerlich aus. Für mich ist mein zu Hause ein Nest in dem ich mich geborgen fühle, und der beste Ort auf der Welt. Bin ich von meinen Lieben länger getrennt, stimmt es mich traurig.
War die Immigration in Kanada schwierig?
Ja, sehr. Es dauerte Jahre und war wortwörtlich ein Spießrutenlauf, der manchmal sehr emotional und oft einfach nur frustrierend war. Die Bürokratie, keine klaren Antworten auf unsere Fragen zu erhalten, zerrte sehr an unseren Nerven. Auf der anderen Seite war es nicht möglich, Zukunftspläne zu schmieden, denn wir wussten nicht, wo wir in Zukunft leben würden.
Wir gingen nach Kanada in der Hoffnung auf einen guten Job. Vladimir wollen wir ermöglichen, dass er in einem sicheren und politisch stabilen Umfeld aufwächst. Einem Land mit guten Zukunftsmöglichkeiten. Zum Glück sind wir bis jetzt nicht enttäuscht worden, unser Durchhaltevermögen hat sich auf allen Ebenen ausgezahlt.
Fühlst du dich als Kanadierin, welche kulturellen Unterschiede empfindest du?
Nein, ich bin noch immer durch und durch eine Ukrainerin. Die Zeit, die wir hier leben, ist nach all den Jahren noch immer zu kurz, um mich als Kanadierin zu fühlen, oder ich bin bereits zu alt. Wir haben uns sehr schnell an das komfortable Leben hier gewöhnt. Eine Gesellschaft, in der es keinen Engpass an Waren gibt, alles verfügbar ist und käuflich zu erwerben.
Ich empfinde es so, als ob das kanadische Leben auf Vergnügen und Spaß aufgebaut ist. Wenn ich mich zurück in die Ukraine versetze, erinnere ich mich daran, dass wir so vieles einfach tun mussten, es wurde keine Rücksicht darauf genommen, ob wir wollten oder nicht, ob uns die Arbeit Freude machte oder nicht.
Wo leben deine Geschwister, deine Eltern?
Meine Eltern wohnen in der Ukraine. Vor Corona habe ich sie einmal pro Jahr besucht.
Meine Schwester wohnt mit ihrer Familie in Italien. Das letzte Mal habe ich sie vor sieben Jahren gesehen. Meinen Sohn kennt sie nur über Skype, unser interfamiliäres Kommunikationstool.
Erlebt Vladimir eine „bessere“ Kindheit als du?
Vladimir wird verwöhnt mit Spielsachen, Leckereien und Aktivitäten. Vielleicht weil ich viele dieser Dinge selbst als Kind haben wollte, aber nicht bekommen habe.
Ob mein Sohn in einer besseren Zeit aufwächst, als ich aufgewachsen bin, ist schwer zu sagen. Das wird sich erst im Laufe der Jahre zeigen, zu welcher Art von Persönlichkeit er sich entwickeln wird. Er ist mit seinen jungen Jahren schon viel gereist, er wird mit einer Technologie groß, die es in meiner Kindheit noch nicht gegeben hat. Er nimmt alles als selbstverständlich an, da er nichts anderes kennt.
Teilst du deine schönsten Kindheitserinnerungen mit uns?
Wie ich ein Kind war, liebte ich unsere Campingtrips, die Wandertouren, ich spielte gerne draußen, und mit 9 oder 10 Jahren war ich einmal am Asowschen Meer (ein Binnenmeer, welches mit dem Schwarzen Meer verbunden ist) baden.
Meine schönsten Kindheitserinnerungen verbinde ich mit dem 31. Dezember. In der Früh schmückten wir den Baum, danach half ich meiner Mutter beim Kochen. Jedes Jahr war unser Haus voll mit Verwandten. Wir spielten miteinander, schauten Filme an und blieben bis Mitternacht auf. Wir zogen uns hübsch an, lernten Lieder und Gedichte auswendig, die wir Väterchen Frost vortrugen.
Jahrelang haben wir es nicht überrissen, dass mein Vater oder mein Onkel sich abwechselnd als Väterchen Frost verkleideten. Misstrauisch wurden wir erst mit der Zeit, als sich immer einer der beiden entschuldigte, um Brennholz für unseren Kamin zu holen. Kaum waren sie aus dem Haus, kam Väterchen Frost mit unseren Weihnachtsgeschenken.
Welche Traditionen gibt es in der Ukraine rund um den Jahreswechsel?
Die orthodoxe Kirche feiert Weihnachten nicht am 24. Dezember, sondern am 6. Jänner. Der julianische Kalender, eingeführt 45 v. Chr. durch Julius Cäsar ist bis heute in Verwendung. Das orthodoxe Neujahrfest fällt im gregorianischen Kalender dadurch erst auf den 14. Jänner. Der Tag ist kein nationaler Feiertag.
In Zeiten der Sowjetunion feierten wir still und heimlich alle religiösen Feste. Mein Vater lehrte an einer Universität. Wollte er seinen Job nicht verlieren, musste er der kommunistischen Partei beitreten. Feiern von religiösen Festen war damals ein Kündigungsgrund.
Vladimir, bist du so nett und erzählst du mir ein bisschen von dir?
Vladimir: Klar. Ich besuche zurzeit einen Kindergarten, wo wir sehr viel draußen spielen. Am liebsten spiele ich gemeinsam mit meinen Freunden Twister und Fangen. Du musst wissen, ich kann sehr schnell laufen. Der Sommer ist mir lieber als der Winter und ich esse liebend gerne Süßigkeiten. Zu meinem sechsten Geburtstag wünsche ich mir einen Traktor, den ich selbst fahren kann.
Freust du dich schon auf die Schule?
Vladimir: Nein, eigentlich nicht. Am liebsten will ich bei meiner Kindergartenpädagogin bleiben.
Entdecke die Vielfalt der Menschen – eine Momentaufnahme mit Maritza
Juni 2021
Maritza (37) lebt seit ihrer Geburt in Merida, einer Stadt auf der mexikanischen Halbinsel Yucatán.
Eine Region, die abwechselnd von einer Trocken- und einer Regenzeit bestimmt wird und in der das Thermometer selten unter 30 Grad fällt.
Während ihrer Volksschulzeit empfand sie einen Schmerz im Herzen, wenn sie sah, dass Mitschüler*innen mutwillig Tiere quälten oder aus Unwissenheit Pflanzen zertrampelten oder Äste von Bäumen abbrachen. So fing Maritza an, ihr Wissen über einen wertschätzenden Umgang mit der Natur und ihrer Bewohner nach der Schule an ihre Mitschüler*innen weiterzugeben.
Ihr Wissen und ihr Engagement ist gemeinsam mit ihr gewachsen, und im Jahr 1995, Maritza war 11 Jahre alt, gründete sie HUNAB.
HUNAB begleitet dich bereits seit Jahrzehnten. Erzähle mir bitte mehr von deinem Lebensprojekt.
HUNAB bedeutet übersetzt: Die Menschheit vereint mit der Natur in Harmonie für Schönheit, Wohlergehen und Göttlichkeit. Als Kind wählte ich diesen Namen, den ich von Hunab Ku, einem der wichtigsten Götter in der Maya Kultur, abgeleitet habe. Diese Gottheit hat nach unseren religiösen Vorstellungen alles Leben auf der Erde erschaffen.
Als ich in der High-School war, habe ich bereits Workshops in unseren meist sehr kleinen Stadtparks angeboten.
An der Universität studierte ich Naturwissenschaften und lernte mehr über die Gründung einer Non-Profit Organisation, deren Gesetzeslage, aber auch wie man z. B. budgetiert.
Mein Ziel war es, ein eigenes, sehr umfassendes Bildungszentrum für Kinder aufzubauen. Von der Stadt Merida erhielt ich einen Hektar Land zur Verfügung, für das ich USD 2.000, -- an Steuern zahlen musste. Für mich als junge Erwachsene war diese Summe sehr viel Geld.
Ich hatte mit der Finanzierung großes Glück. Im Jahr 2010 belegten wir bei einem nationalen Wettbewerb (Iniciativa Mexico), in dem rund 70.000 Projekte eingereicht wurden, in puncto Ausbildung den Ersten Platz und später gewannen wir den Rolex Initiative Awards. 2013 wurde mein Traum Wirklichkeit: Der Ceiba Pentandra Park öffnete für alle Kinder seine Türen.
Seit unserer Eröffnung berichten laufend Zeitungen und lokale Fernsehsender über uns. In den Social-Media-Kanälen sind wir omnipräsent. Mittlerweile erhalten 400 Schulen in 300 Communities unsere Unterrichtsmaterialien.
Wie kann ich mir die Ausbildung im Ceiba Pentandra Park vorstellen?
Kinder ab 5 Jahren sind bei uns herzlich willkommen. Wir erklären ihnen an den Wochenenden, wie sie richtig pflanzen, kompostieren, Insekten schützen und den richtigen Umgang mit Haustieren. Wir informieren spielerisch über Mülltrennung, Verschmutzung oder den Klimawandel. Unsere zweijährige Ausbildung ist sehr vielfältig und deckt alle Umweltthemen ab.
Eines unserer Projekte ist z. B. das „Grandmother Earth“ Projekt. Wir erklären den Kindern, dass Großmutter Erde mit uns das Essen, die Natur usw. teilt. Jedes Kind will, dass es der Großmutter Erde gut geht, dass sie gesund bleibt.
Nach dieser Ausbildung erhalten unsere „Little Heroes“ eine Auszeichnung als Umweltberater*in. Danach entscheiden sich viele Kinder für eine intensivere Ausbildung, wo sich jedes Kind, je nach Interesse, einen eigenen Schwerpunkt zulegt.
Das Besondere an unserem Programm ist, dass Kinder nach den zwei Jahren selbst Kinder unterrichten können.
Nach oben hin haben wir keine Altersbegrenzung. Viele Erwachsene sind nach wie vor mit HUNAB verbunden, so besuchte unser jetziger Ingenieur als Kind ebenfalls unser Ausbildungszentrum.
Als Forscherin (Emerging Explorer) bei National Geographic durfte ich unterschiedlichste Ökosysteme besuchen. Am Great Barrier Reef habe ich studiert, welchen Zusammenhang die Korallenbleiche mit der Klimaerwärmung hat. Ich versuche die Komplexität dieses Wissens kindgerecht zu vermitteln, sei es in Form von Experimenten oder unterschiedlichsten Lernspielen. Unser Bildungszentrum ist das einzige in Mexiko, wo Kinder eine gut fundierte Ausbildung in Umweltthemen erhalten und dabei noch jede Menge Spaß haben.
Was waren die Hürden, die Rückschläge, hattest du Zweifel?
Die größte Hürde war, dass ich ein weiblicher Teenager war. Männer haben in Mexiko mehr Möglichkeiten als Frauen. Behörden schauten immer auf mein Alter, statt auf meine Erfahrungen und meine über Jahre hinweg entwickelten Lösungsvorschläge. Es war sehr schwer, Glaubwürdigkeit zu erlangen. Ich erinnere mich an einem Termin beim Umweltministerium. Als die zuständige Person erfuhr, dass wir Teenager waren, wurde der Termin kurzerhand abgesagt. Jahre später erstellte ich ein Konzept für ein Umweltgesetz. Als ich es dem damaligen Minister präsentierte, lehnte er meinen Entwurf ab. Umso erstaunter war ich, dass genau dieser Minister später meinen Plan als seine Idee in der Öffentlichkeit präsentierte. Es ist leider nicht das erste Mal, dass Erwachsene Anregungen von der nächsten Generation einfach „stehlen“.
So wie damals meine Idee von meinen Eltern respektiert wurde, so wertschätze ich die Gedanken und Vorstellungen der Kinder, die täglich zu uns kommen.
Ich war öfters frustriert, vor allem wenn ich mit Politikern gesprochen habe, aber ich habe nie ans Aufgeben gedacht. HUNAB ist mein Leben, meine Leidenschaft. Meine Familie vermittelte mir während meiner Kindheit Werte wie Ehrlichkeit und Disziplin.
Mein größter Rückschlag war das große Feuer von 2020. Ein Nachbar hat seinen Müll verbrannt und mit dem Wind und der Trockenheit haben sich die Flammen auf unser Grundstück verbreitet. Die damaligen „Klassenzimmer“ waren traditionelle Palapas mit Holzwänden und fingen schnell Feuer. Wir hatten Glück im Unglück: Aufgrund der Corona Pandemie durften auch wir keinen Präsenzunterricht abhalten. Wir nutzten die Gelegenheit, unsere abgebrannten Palapas durch eine offene und neue feuerfestere Konstruktion zu ersetzen. Wir hoffen, im Oktober 2021 wieder durchstarten zu können und Schritt für Schritt alle Gebäude wieder vollständig herzustellen.
Wo siehst du Probleme, wo Chancen im Umweltschutz?
Meiner Meinung nach handeln viele Menschen aus Unwissenheit. Diesem Mangel an Wissen will ich gegensteuern. Wie können wir den Klimawandel bekämpfen, wenn wir unseren Kindern nicht beibringen, wie man die Natur schützt? Ökosysteme kennen keine Grenzen! In Yucatán ist es noch immer üblich, Müll einfach zu verbrennen. Den Menschen sind die daraus entstehenden Schadstoffe nicht bewusst. Viele Leute glauben, es reicht auf Plastikflaschen zu verzichten, um die Umwelt zu retten. Noch immer vergessen viel zu viele Menschen ihren Müll an den Stränden von Mexiko.
Die Lösung für dieses Problem soll nicht sein, die Menschen glauben zu lassen, eine Non-Profit Organisation säubert im Rahmen von „Beach Cleanups“ den Strand sowieso in regelmäßigen Abständen. Das Ziel soll sein, dass Menschen ein Bewusstsein entwickeln, Müll erst gar nicht entstehen zu lassen. Genau dieser Müll landet auf Umwegen früher oder später wieder auf ihrem eigenen Teller.
Glücklicherweise bewegen wir uns in die richtige Richtung. Ausländische Firmen unterstützen uns in punkto Energiewende. Unterm Strich müssen wir aber auch lernen, Energie zu sparen, unsere elektronischen Geräte nicht ständig gegen neue einzutauschen. Es bedarf noch viel an Aufklärungsarbeit und Kampagnen, damit wir unseren Lebensstil ändern, zu achtsameren Konsument*innen werden und weniger kaufen.
Gibst du uns zum Abschluss noch einen Einblick in dein Privatleben?
Ich habe drei jüngere Brüder. Einer meiner Brüder (Victor Hugo), gründete ebenfalls eine Non-Profit Organisation. Cosmos ist eine humanitäre Organisation aus ehrenamtlichen Mitgliedern. Sie hilft Menschen, die sich zum Beispiel keine Medizin leisten können.
Meine Eltern sind auch in HUNAB involviert. Meine Mutter kümmert sich seit ihrer Pensionierung um organisatorische Belange. Mein Vater bringt seine Kreativität ein.
Er ist Musiker, schreibt romantische Lieder und singt gerne. Eines seiner Lieder ist Americaribeño (ein Kunstwort abgeleitet von Amerika und Karibik).
Neben meiner Arbeit zeichne ich gerne, vor allem Comics für unsere HUNAB Zeitung. Ich lerne Japanisch, beschäftige mich mit „In vitro“ Pflanzen und unserer Mikrowelt mit ihren Insekten.
Ich besuche die Mangrovenwälder an der Küste, wie das Celestún Biosphärenreservat und fotografiere die unzähligen Vögel, die zum Überwintern an unsere Küste kommen.
Die Vielfalt der Menschen entdecken – eine Momentaufnahme mit Victor, Dalida und Konstantin
März 2022
Victor (29) und Dalida (26) sind beide in Jerico aufgewachsen und treten in die Fußstapfen ihrer Eltern. Sie bewirtschaften mit großer Leidenschaft die Finca Urantia, eine 1 Hektar große Bio-Landwirtschaft. Im Herbst 2021 waren Sie unter den fünf Gewinnern des „D´Cada Sozialfond“, mit insgesamt 96 Bewerber*innen.
Konstantin und sein Bruder Henrik wiederum stammen aus Hamburg und sind Gründer von D´Cada. Ein Unternehmen, welches seit 2016 biologische Erfrischungsgetränke mit exotischen Geschmacksrichtungen auf den Markt bringt. Eine Neuheit in Kolumbien! Konstantin, der Hanseate mit tropischer Seele, verlor wie sein Bruder Henrik sein Herz an Kolumbien.
War es schon immer euer Traum, eine Bio-Landwirtschaft aufzubauen?
Dalida: Wir sind beide in die Landwirtschaft hineingeboren worden, haben beide am Institut SENA (Servicio Nacional de Aprendizaje) in Medellín Agrikultur mit dem Schwerpunkt ökologische Landwirtschaft studiert und hatten die gleichen Ziele verfolgt.
Victor: Wir hatten das große Glück, dass der Besitzer der Finca Urantia in die U.S.A. zurückgegangen ist und uns das Stück Land, mit der Bedingung uns darum zu kümmern, kostenlos überlassen hat. Wir haben die damals konventionellen Kulturen in eine saubere agroökologische Landwirtschaft umgestellt.
Erzählt uns mehr von eurer Farm und einem typischen Tagesablauf
Dalida: Wir pflanzen Gemüse aller Art wie unterschiedlichste Salate, Auberginen, Mais, Mangold, Kräuter, Zwiebel, Karotten, Sellerie, Spargel, Tomaten und vieles mehr. Diese Gemüsesorten wachsen zwischen Blumen und Früchten. Eine große Vielfalt an Pflanzen und eine hohe Biodiversität, die ein eigenes Mikroklima schafft, sind unser Fundament.
Victor: Wir stehen um 5:00 auf und gehen oft erst um Mitternacht oder danach ins Bett. Den Tag verbringen wir damit uns um unser Gemüse zu kümmern, es zu ernten, zu jäten, zu waschen, daraus leckere Gerichte zu zaubern, auf den Markt zu fahren, und am Abend studiere ich. Dalida und ich machen für andere Landwirt*innen Führungen und zeigen die Vorteile einer biologischen Landwirtschaft anhand unseres Projektes auf.
Welche Hürden und Zweifel gab es?
Dalida: Unsere Eltern haben uns immer bestärkt und unterstützt. Für viele Studienkolleg*innen war es jedoch unvorstellbar, ausschließlich mit Bio-Gemüse Geld zu verdienen. Unsere Motivation war ihnen fremd. Das häufigste Argument war, dass ein Betrieb ohne Nutztiere nicht profitabel ist.
Bio-Landwirte, die nicht für den Export (lt. Enorm 95 Prozent) produzieren, sind in der Minderheit. In heimischen Supermärkten ist Bio-Gemüse kaum zu finden. Das Bewusstsein steigt aber, mittlerweile gibt es hier und da kleine Ecken mit Rohstoffen wie zum Beispiel Kaffee, Quinoa oder Vollrohrzucker. Aber Bio ist nach wie vor noch ein Nischenprodukt.
Konstantin, wie bist du mit deinem Bruder auf die Idee gekommen, ausgerechnet Bio-Limonadenartige Getränke herzustellen, wenn Bio selbst eine Nische ist?
Konstantin: In Kolumbien bekommt man zwar frisch gepresste Säfte an beinahe jeder Straßenecke zu kaufen, aber Erfrischungsgetränke mit einem geringen Zuckergehalt ohne künstliche Zusatzstoffe sind die Ausnahme. In Supermärkten gibt es überwiegend Softdrinks zu kaufen. Hier wollen wir mit unseren Bio-Limonaden (15 Prozent Fruchtmark) gegensteuern. Wir wollen eine für den Körper bekömmlichere Alternative zu ungesunden Getränken anbieten.
Außerdem haben wir ein Pfandsystem eingeführt und beim Kauf einer Flasche fließt ein Teil des Geldes in unseren D´Cada Sozialfond.
Wie lange hat es von der ersten Idee bis zur Umsetzung gedauert und wo verkauft Ihr eure Getränke?
Konstantin: Wir tüftelten ca. 2 Jahre, bis wir 2016 die erste Flasche verkauft haben. Es war eine Herausforderung, Zulieferer und Bio-Zutaten zu finden aber auch herkömmliche Materialien wie Flaschen oder Deckel. Den Inhaber unserer Abfüllanlage konnten wir nur schwer überreden sich bio-zertifizieren zu lassen. Er scheute die zusätzliche Arbeit und Kosten.
Sechs Jahre später verkaufen wir (unser Kernteam umfasst fünf Personen) unsere Bio-Limonaden größtenteils in Städten wie Medellín, Bogotá und Cali, aber auch in der Gastronomie und großen Supermärkten wie "Èxito" und "Carulla".
In Deutschland kauft man unsere Getränke über den Weltladen, im D´Cada Onlineshop bzw. in ausgewählten Drogerien und Supermärkten. In Österreich sind wir noch nicht vertreten.
Zurück zu Victor und Dalida: Was sind eure Pläne und Ziele, was erfüllt euch innerlich?
Victor: Das Leben und Arbeiten auf der Finca Urantia erfüllt uns rund um die Uhr. Wir wollen Kochworkshops geben, damit Menschen lernen schmackhafte Gerichte aus Gemüse zu kochen, und wir wollen Kindern den natürlichen Kreislauf der Lebensmittel aufzeigen.
Am Land zu leben, soll kein Synonym für Scham, sondern ein Synonym für Stolz sein. Lebensmittel haben eine Geschichte und wir widmen uns den größten Teil unseres Lebens der Erzeugung dieser. Ich lade junge Menschen ein, in die Stadt zu gehen, um sich Wissen und Know-How anzueignen und später auf ihr Land zurückzukehren und stolze Bauern, wie Dalida und ich es sind, zu werden.
Gibt es auch etwas das euch traurig macht?
Dalida: Der südafrikanische Bergbaugigant AngloGold Ashanti hat eine Umweltgenehmigung beantragt. Der Konzern will Gold, Silber und Kupfer in unserem Bundesstaat Antioqua abbauen. Wird das Projekt genehmigt, ist unsere Existenz aufgrund der damit verbundenen Umweltverschmutzung bedroht.
Folgende Fakten habe ich dem Film Verde como el oro (Grün wie Gold) entnommen:
AngloGold Ashanti beabsichtigt 47 Mio. Tonnen Kupfer, Gold und Silber zu fördern. Diese Menge entspricht dem 12-fachen der kolumbianischen Goldreserven. Die Einnahmen werden auf 12 Milliarden Dollar geschätzt, bei einer Investition von 42 Mio. Dollar. 74 Prozent der Säugetierarten und 40 Prozent der Vogelarten werden aus dem Gebiet verschwinden und 65.000 Bäume werden gefällt.
Erfreulicherweise haben bereits über 68.000 Menschen eine Petition gegen dieses Projekt unterzeichnet. Werden Sie hier selbst aktiv. #SalvemosAlSuroeste
Ist die Klimakrise bei euch präsent?
Victor: Wir spüren die Auswirkungen in Form von Wetterextremen. Wir haben Starkregen, dann wieder Hitze und Dürre und neu für uns sind Hagelschauer. Der Dauerregen ist nicht gut für unser Gemüse, es ist anfälliger für Pilze und Krankheiten und der Regen schwemmt das Saatgut weg.
Erzählt Ihr uns zum Abschluss noch etwas über den D´Cada Sozialfond?
Dalida: Wir wurden via Instagram auf dieses Projekt aufmerksam. Viktor hatte die Idee sich zu bewerben. Die Freude war sehr groß, als wir einer der fünf Gewinner waren. Dank des D´Cada Sozialfonds haben wir eine professionelle Spüle erhalten, wo wir unser Gemüse effizienter reinigen können.