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Dark Tourism – Leid darf niemals vergessen werden

Was haben das japanische Fukushima, das österreichische Mauthausen, das kambodschanische Tuol-Sleng-Genozid-Museum, das hawaiianische USS Arizona Memorial und die senegalesische Insel Gorée gemeinsam?

Sie waren Orte, an denen Menschen auf tragische Weise ums Leben gekommen sind oder als Sklaven in eine ungewisse Zukunft geschickt wurden.

Heute sind manche dieser Orte auf der UNESCO Welterbeliste und verzeichnen jährlich viele Besucher*innen. Das Konzentrationslager Ausschwitz in Polen besuchten lt. dem Buch Dark Tourism vor der Pandemie jährlich über zwei Mio. Tourist*innen. 

 

Die sogenannten „Dark Tourism Orte“ sollen stets ein Ort der Andacht, der Ehrfurcht und der Bildung sein und nicht mit Selfie, Souvenirshop und Co kommerzialisiert werden.

 

 

Was ist Dark Tourism?

Darunter werden alle Reisearten zusammengefasst, bei denen Menschen Orte des Leids und Schreckens, des Grauens und des Todes besichtigen, aber auch kommerzielle Gruselerlebniswelten oder „dunkle“ Museen.

Der Slumtourismus, bei dem Favelas, Slums oder Townships besucht werden, fällt ebenso in diese Kategorie wie ein Besuch von ehemaligen Gefängnissen, militärischen Einrichtungen, Stätten des Völkermords und Holocaust sowie Schauplätzen von Naturkatastrophen oder Terroranschlägen.

 

Udo Jürgens´ Grab am Wiener Zentralfriedhof, der Friedhof La Recoleta in Buenos Aires und das Grab von Evita (Eva Duarte de Perón) werden ebenfalls täglich von Tourist*innen heimgesucht.

 

Die Website Dark Tourism listet nach Ländern sortiert weltweit Orte des Grauens auf und das Institute for Dark Tourism an der University of Central Lancashire forscht dazu wissenschaftlich.

 

 

Drei Verbrechen, die unter die Haut gehen

Nachfolgend habe ich mir von den Millionen Gräueltaten, die während Kriegen oder Diktaturen weltweit an Unschuldigen verübt wurden, drei Verbrechen rausgepickt.

 

Die damaligen Schauplätze sind heute aufstrebende oder bereits beliebte Urlaubsdestinationen.

Damit das entstandene Leid auch bei Besucher*innen niemals vergessen wird, lehne ich mich aus meinem Spezialgebiet, dem Tourismus hinaus, und schreibe einen kurzen Essay.

1. Vertreibung der Donauschwaben in Banat, Batschka, Slawonien und Syrmien

Die historischen Regionen befinden sich im heutigen Serbien, Rumänien, Ungarn und Kroatien.

Nicht nur Schwaben, sondern auch Menschen aus anderen Teilen von Deutschland, Österreich, Frankreich und Luxemburg hatten sich Ende des 17. Jahrhunderts auf den so genannten „Schwabenzügen“ nach Südeuropa aufgemacht, um verödetes Land zu bewirtschaften. (Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung)

 

1941 marschierte die deutsche Wehrmacht in Jugoslawien ein. Mit der sich abzeichnenden Niederlage des Dritten Reiches im Jahre 1944 wurde die zweihundertjährige Erfolgsgeschichte der Donauschwaben beendet. Sie wurden von den damaligen Jugoslawen zur kriminellen Minorität erklärt und zu Abertausenden vom Kind bis Greis in Vernichtungslager gesteckt, wo Sie an Hunger und Auszehrung starben. Wer überlebte, wurde in den folgenden Jahren ohne Hab und Gut außer Landes gejagt. 

Frauen wurden u.a. zusammengetrieben und in fensterlosen Güterwagons,

wie ein Stück Vieh eingepfercht in Arbeitslager nach Sibirien verschleppt.

Eines der zehn Lager war Rudolfsgnad. Es befand sich so wie fünf weitere in der heutigen Vojvodina in Serbien.

Erst 2017 wurde eine Gedenkstätte in Bački Jarak (nördlich von Novi Sad), wo sich einst ein weiteres Vernichtungslager befand, unter großer Anteilnahme eingeweiht.  

Die Nachfahren der Donauschwaben leben heute verstreut in allen Erdteilen.

 

Meine Buchtipps, die diesem Leid eine Stimme geben

„Das letzte Versprechen“ von Hera Lind habe ich in zwei Tagen verschlungen. So schockiert und entsetzt war ich über das Leid der Protagonist*innen. Bei dem Buch handelt es sich um einen Roman nach einer wahren Begebenheit und die ersten 200 Seiten treiben einem die Tränen in die Augen.

 

„Mutters Flucht“ ist ein weiterer Roman, der ein Einzelschicksal aus dieser Zeit beleuchtet. Um die Geschichte aufzuarbeiten, fuhren Mutter und Sohn 2017 über Süddeutschland, Österreich und Ungarn bis nach Serbien.

 

Ein Sachbuch hingegen ist das Buch „Donauschwaben“. Es ist ein wertvolles Buch zur Aufarbeitung der gesamten Geschichte.  

 

Über Serbien habe ich im Februar 2022 und über Ungarn habe ich im Mai 2021 geschrieben.

 

 

2. Markos´ Kinder in den griechischen Bergen

Während bei uns der zweite Weltkrieg zu Ende ging, begann 1946 der griechische Bürgerkrieg. Als sich 1949 die Niederlage der Kommunisten abzeichnete, beschloss die Führung der Demokratischen Armee Griechenlands mit Markos Vafiadis an ihrer Spitze, in die Berge zu fliehen und Minderjährige einzusammeln.

 

Insgesamt 28.000 Kinder wurden in sozialistische Länder wie die damalige

DDR, Ungarn, Bulgarien, Jugoslawien etc. gebracht.  

Offiziell ist nicht bekannt, warum man die Kinder aus den Dörfern entführte. Es wird angenommen, dass sie zu Partisanen umerzogen werden sollten, um später das Land zurückzuerobern.

 

 

Meine Buch- und Filmtipps, die diesem Leid eine Stimme geben

Der 1985 veröffentlichte Film Eleni ist eine Literaturverfilmung des gleichnamigen autobiografischen Buches von Nicholas Gage.

Gage, nicht zu verwechseln mit dem Schauspieler Nicolas Cage, ist ein griechisch-amerikanischer Buchautor und Enthüllungsjournalist. Geboren 1939 in einem kleinen Bergdorf im Epirus, floh er mit seinen Geschwistern 1949 zu seinem Vater in die U.S.A. Seine Mutter organisierte die Flucht und wurde von den Partisanen für diese Tat hingerichtet.

 

SWR interviewt in dieser Sendung Beteiligte und liefert historische Hintergründe.  

 

Panagiotis Gekas verarbeitete in dem Buch Der Kirschbaum auf dem Berge seine persönlichen Erlebnisse einer zerrissenen Kindheit, auf die ein Leben im Spannungsfeld der damaligen BRD und DDR folgte.

Über die Region Epirus habe ich im Mai 2022 bereits geschrieben.

 

3. Genozid Armenien

Am 24. April 1915 begann der erste Genozid des 20. Jahrhunderts, dem bis 1916 laut Schätzungen etwa 1,5 Millionen Armenier*innen zum Opfer fielen.

Aber auch die aramäischen, assyrischen und chaldäischen Christen, die Pontus - Griechen und Eziden waren betroffen.

 

In Todesmärschen wurden die Armenier und Christen aus dem gesamten

Gebiet der heutigen Türkei nach Syrien deportiert.

 

Ein Großteil der Menschen überlebte den Fußmarsch durch die Wüste nicht. Das Armenian Genocide Museum in Jerewan beschäftigt sich mit diesem dunklen Kapitel. Bis heute leugnet die türkische Regierung diesen Genozid.

 

Meine Filmtipps, die diesem Leid eine Stimme geben

Die Dokumentation Aghet – Ein Völkermord befasst sich mit dem Genozid, genauso wie der 2014 erschienene Film The Cut. Etwas älter ist der zweiteilige Film "Mayrig – Heimat in der Fremde" und "Mayrig Straße zum Glück". Es wird das Leben einer Familie beschrieben, die vor dem Genozid nach Frankreich geflohen ist.

 

 

Die unmenschlichste Form: Kindersoldat*innen

Eine besonders perverse Form der Kriegsführung hat sich mit der Rekrutierung von Kindersoldaten etabliert. Lt. Schätzungen gibt es weltweit 250.000 minderjährige Soldat*innen in über 20 Ländern (Quelle: Terre des hommes)

Alljährlich wird am 12. Februar mit dem Welttag gegen den Einsatz von Kindersoldaten und Kindersoldatinnen auf ihr Schicksal aufmerksam gemacht.

 

 

Mein Fazit

Ich persönlich bin zu der Erkenntnis gekommen, der Mensch ist das bestialischeste, zerstörerischste und zäheste Wesen das je unsere Erde bevölkert hat.

Gleichzeitig ist er aber auch das erfolgreichste, empathischeste und hilfsbereiteste Wesen.

 

Ich frage mich, wann werden wir die schlausten Lebewesen auf dieser Welt? So schlau, dass wir dieselben Fehler, die sich seit Jahrtausenden in Form von Kriegen, Streit und Totschlag immer wiederholen, nicht mehr machen?

Es muss nicht immer Krieg sein, damit Menschen die „Hölle auf Erden“ erleben. Ich denke an sexuelle Ausbeutung von Kindern, an häusliche Gewalt und an all die Morde, von denen wir in den Tageszeitungen lesen.

 

Wir haben es in der Hand, welche Seite von uns wir mehr fördern möchten.

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